Revue AC 3 – der Underdog – Review

Eigentlich habe ich mir nur ein paar alte Festbrennweiten für meine Pentax DSLR zulegen wollen um meine teuren Zooms vor eindringendem Holzbootstaub zu schützen. Doch so fand ich wieder Gefallen an der analogen Vorgehensweise Fotos zu machen, Fokus und Blende manuell einzustellen. Das befriedigende Fummeln an samtig laufender Mechanik, das satte Einrasten der Blende weckte den Wunsch wieder analog zu fotografieren.

  1. BodyWalk
  2. Die Revue AC 3
    1. Features
    2. Verschlusssache
  3. Pros und Cons
  4. Tipps zum Gebrauchtkauf
    1. Preis
    2. Zustand
  5. Fazit:
  6. Technische Daten der Revue AC3

BodyWalk

Ich machte mich also auf die Suche nach einer Kamera mit Pentax Bajonett. Ich wünschte mir eine Kamera mit Zeitautomat und einer Nachführanzeige im Sucher sowie einem Zeitenwahlrad auf dem Gehäuse. Tasten zur Zeiteinstellung mag ich nicht.

Der erste Weg führte mich naheliegend zu Pentax. Allerdings fehlt dort bei den meisten Modellen die Zeitautomatik – es käme dann nur die LX in Frage, sehr lecker, aber die war mir zu teuer.

Die Revue AC 3

Da Pentax ihr Bajonett großzügig lizensierten gab es einige Kamerahersteller die dieses ebenfalls nutzten, unter anderem war es an vielen der Revue Kameras zu finden.
„Revue“, eine Marke des weltweit größten deutschen Handelshauses Foto Quelle, vertrieb unter diesem Namen Fotoequipment verschiedener Hersteller, unter anderem Kameras und Objektive der Japanischen Firma Chinon Industries Inc.. Ich stieß auf eine interessante Kamera, die alle meine Kriterien erfüllte und zudem in der Beschaffung (noch) günstig ist: die Revue AC 3. Viele dieser Kameras wurden während der 80er Jahren angeschafft, wenig genutzt und über Jahrzente in Eiche Rustikal Wohnzimmerschrankwänden sicher für kommende Generationen verwahrt. Inzwischen werden diese Modelle wie viele andere Kameras jener Zeit aus Haushaltsauflösungen etc. auf den Gebrauchtmarkt gebracht. Sie ist nahezu baugleich mit der Chinon CE-4 die in Deutschland allerdings selten anzutreffen ist.

Features

An das „REVUE-Bajonett“, welches eigentlich ein Pentax K-Mount ist, passen viele analogen Objektive von Pentax, Revue sowie vieler weiterer Hersteller. Das Angebot an Optiken auf dem Gebrauchtmarkt ist riesig.

Ein Zeitenwählrad ist auf der Gehäuseoberseite angebracht, sie hat die von mir gewünschte Belichtungsautomatik, welche die Zeit stufenlos elektronisch zur gewählten Blende steuert.

Ebenso werden im manuellen Modus die eingestellte und je nach gewählter Blende notwendige Zeit im Sucher mittels LEDs angezeigt. Auch die Blende wird mit einer kleinen Optik im oberen Bereich des Suchers eingespiegelt. Alle relevanten Informationen sind im hellen und großen Sucher zu sehen. Die Kamera muss zur Bedienung nicht mehr vom Auge genommen werden. Weitere Features sind eine gut zu bedienende Abblendtaste zur Tiefenschärfekontrolle sowie eine Taste für den Messwertspeicher. Mehrfachbelichtungen sind in beliebiger Wiederholung möglich.

Das Kameragehäuse ist zum großen Teil aus Kunstoff welches die hohe Wertigkeit nicht unbedingt unterstreicht, die Robustheit allerdings wenig beeinträchtigt. Der Vorteil: geringes Gewicht. Durchaus angenehm wenn sie länger am Hals oder der Schulter baumelt. Wer auf Heavy Metal steht muss hier Abstriche machen.

Links ISO Einstellrad und gleichzeitig Belichtungskorrektur, rechts davon der Entriegelungsknopf.

Verschlusssache

Ein bemerkenswerter Vorteil ist der schnelle, vertikal ablaufende Metalllamellen Schlitzverschluss von Seiko mit einer kürzesten Verschlussszeit von 1/2000 Sekunde, welche zu jener Zeit meist nur wenigen professionellen Modellen vorbehalten war. Das erweitert den gestalterischen Spielraum bei viel Licht und empfindlichem Film.

Pros und Cons

+ Generell sehr gut ausgestattet
+ Zeitautomatik & manueller Modus
+ Schneller Verschluss
+ Sehr helles und großes Sucherbild
+ Abblendtaste
+ Messwertspeicher
+ Pentax K-Mount, Objektive gebraucht und günstig ohne Ende erhältlich
+ Selbstauslöser vorhanden
+ Relativ klein und leicht
+ (Noch) günstiger Preis
+ Batterieen einfach erhältlich, kein Adapter nötig
+ Analoge Haptik.

– Zeiten bei dunklem Bild im Sucher schlecht ablesbar
– Selbstauslöser sehr leichtgängig verstellbar

*Pentax Bajonett (Anm. des Autors) kompatibel zu allen analogen Pentax Objektiven (K,M und A-Serien)

Tipps zum Gebrauchtkauf

Preis

Zustand

Von Privat und Online kauft man häufig die Katze im Sack, im Besonderen wenn die guten Stücke vom Sohn/Tochter, Freund oder sonst jemandem verkauft werden welche(r) keinerlei Ahnung von Kameras hat. Die Fragen nach plausiblen Verschlusszeiten, Zustand der Lichtdichtungen, Spiegelschlag etc. bleiben unbeantwortet. Diese Käufe sind hochspekulativ. Bei Ahnungslosigkeit des Verkäufers würde ich für ein Gehäuse nicht mehr als € 25,- investieren, bei einer Quote von 1:2 (funktionstüchtige Exemplare : gekaufte Kameras) kann man sich auch mal einen Fehlkauf leisten. Bei offensichtlicher Sachkundigkeit des Verkäufers von Privat bis €50,- (da keine Gewährleistung). Aus der Hand eines Händlers mit Gewährleistung und gewechselten Lichtdichtungen ist meiner Meinung nach je nach Zustand ein Preis von bis zu €100,- fair. Meist wurde die Kamera mit dem lichtstarken und scharfen Standard Objektiv verkauft – super wenn es dabei ist!

Die AC 3 und deren Verwandte litten unter Schriftschwund, die Typenbezeichung war recht schnell abgegriffen und ist bei ordentlich benutzen Modellen häufig nicht mehr oder kaum noch vorhanden. Ist der Schriftzug noch vollständig und kräftig ist das ein Indiz für geringe Nutzung.
Abrieb an der Belederung sowie intensiv fein verkratzte Oberflächen speziell am Boden und den Ecken können ein Hinweis auf starke Nutzung sein. Sowieso sollten nur Angebot in Betracht gezogen werden wenn Ansichten aller Seiten gezeigt werden. Andere schaue ich mir nur an falls der Preis seeehr günstig scheint (Hmm Risiko…). Ein stark benutzes Modell bedeutet nicht unbedingt dass die Kamera verschlissen ist, sollte dann allerdings entsprechend günstig sein.

Der Entriegelungsknopf des Empfindlichkeitsverstellrades links oben auf der Kamera löst sich bei manchen Modellen (Gewinde). Das Vorhandensein sollte man überprüfen (und nach Kauf den festen Sitz überprüfen, ansonsten festdrehen)

Gelegentlich löst sich die Belederung, selten ist sie beschädigt. Recht einfach dann, nach Reinigung der Klebeflächen, mit Pattex wieder zu befestigen. Gut gemacht ist die Reparatur dann unsichtbar.

Ist der Verkäufer des Fotografierens kundig kann man nach plausiblen Belichtungszeiten fragen. Dazu löst man den Verschluss nacheinander mit alle Zeiten aus und vergleicht sie nach Gehör. Bei einem von mir gekauften Exemplar war die 1/15s länger als die 1/8s. Das kann man zweifelsfrei feststellen und ist ein Beleg für einen Fehler. Ist keine Präzisionsmethode, hilft aber eindeutig defekte Kameras zu identifizieren. Die betreffende Kamera ist in der Zwischenzeit mein Ersatzteillager…

Der Spiegel sollte in Stellung „B“ mit schnellem Klacken öffnen, oben bleiben und nach Loslassen des Auslösers sofort wieder mit einem kurzen Klacken schliessen. Ein schnurrendes Geräusch in Verbindung mit einem langsamen Spiegelschlag weist auf Schmierungsprobleme in der Spiegelmechanik hin.

Die Lichtdichtungen und Spiegeldämpfer sind bei Kameras jener Zeit aus Schaumstoff gefertigt und inzwischen, wurden sie nicht bereits gewechselt, allermeist hinüber. Kein K.O. Kriterium muss aber fast immer repariert werden. Macht man es nicht hat man ausser Licht (mag der Film nicht) auch klebrige Gummibrösel im Gehäuse (mag die Mechanik nicht & mag der Film nicht). Der Wechsel ist, sofern man mit zwei geschickten Händen ausgestattet ist, selbst möglich und nicht wirklich schwierig. Anleitungen findet man im Internet. Ersatz findet sich zum Beispiel bei Micro-Tools oder an anderer Stelle im Netz. Man sollte lediglich versuchen beim Herauspopeln der alten Dichtung mit dem Werkzeug nicht im guten Seiko-Verschluss zu landen – der wird seinem Namen dann nämlich nicht mehr gerecht…

Falls das Kit-Objektiv „Auto Revuenon MC 1:1,4 f=50mm“ Bestandteil des Kaufs ist ist das sehr gut. Diese werden meist schon solo für Preise zwischen 40,- bis 60,- Euro gehandelt und sind mechanisch und optisch von hoher Güte.

Fazit:

,Zunächst dachte ich die AC3 ist eine gut ausgestatte, aber „billige“ Kamera für den Wiedereinstieg. Inzwischen weiß ich: sie ist eine mehr als würdige Alternative für eine haptisch ansprechendere Mittelklasse-Pentax, denn die Revue ist weitaus besser ausgestattet und Qualitativ gut verarbeitet.

Knöpfe und Räder sind gut plaziert, die Bedienung ist einfach und durchschaubar. Das Angebot an kompatiblen Objektiven ist gross und kostengünstig zu bekommen. Mit M42 Adapter nahezu unerschöpflich. Mit dem Revuemotor, der auch ohne Batterieen auslöst, kann die Kamera sehr angenehm gehalten werden.

Inzwischen habe ich vier Stück gekauft. Eine dient als „Organspender“, die drei Weiteren habe ich für künftige Einsätze wieder fit gemacht: Lichtdichtungen gewechselt, Belederung ergänzt etc.. Zwei sind in meinem Besitz: ein Gehäuse für 400 ISO und eines für 100 ISO, die dritte habe ich meiner Frau zurecht gemacht. Das alles für den Preis eines neuen günstigen AF Zooms.

Ich habe das Gefühl die drei werden das erste mal in ihrem Kameraleben richtig benutzt und das noch eine ganze Weile.

Technische Daten der Revue AC3

  • Verschluß: Vertikal ablaufender Seiko-Metallschlitzverschluss mit stufenloser elektronischer Steuerung von 4s – 1/2000s
    Manuell einstellbare Festzeiten von 2s – 1/2000s + Bulb.
  • Objektivfassung: Revue Bajonett Fassung* mit Springblendenkupplung, (Verwenden von M42 Objektiven mit Schraubfassung mittels Adapter möglich)
  • Kameratyp: Einäugige Kompakt-Spiegelreflexkamera mit automatischer Belichtungssteuerung.
  • Sucher: Feststehender Prismen Dachkant Sucher.
  • Sucheranzeigen: Verschlusszeitenskala mit Unter- und Überbelichtungs-Warnfeldern. Leuchtanzeige für 14 Verschlusszeiten, sowie für Über- und Unterbelichtung. Blendenwertanzeige im Sucher. Schnittbildindikator, Mikroprismenraster, Mattscheibenfeld und Blitzbereitschaftsanzeige.
  • Zubehörschuh: mit Mittenkontakt (Hotshoe), Zusatzkontakt für Blitzbereitschaftsanzeige im Sucher und automatische Umschaltung auf Blitz-Zeit (1/60s).
  • Meßsystem: Offenblenden-Innenmeßsystem mit zwei Siliciumzellen für mittenbetonte Integralmessung. Helligkeit der Belichtungsanzeige (LED) hängt von der Helligkeit des Sucherbildes ab.
  • Auslöser: Zeitstufenauslöser mit Auslösesperre und Drahtauslöseranschluß, elektronisch gesteuerter Selbstauslöser mit wählbarer Vorlaufzeit (5s/10s) und Leuchtanzeige.
  • Schärfentiefenkontrolle: durch Abblendknopf
  • Belichtungskontrolle: Bei leichtem Drücken des Auslösers spricht die Belichtungsmessung an (nicht in Stellung „B“ oder „OFF“ des Verschlusszeitenknopfes!)
  • Manuelle Belichtungssteuerung: Manuelle Zeiteneinstellung mit Leuchtanzeige im Sucher.
  • Messwertspeicher: Über Speichertaste
  • Belichtungskorrektur: In 1/3 Stufen ohne Begrenzung (DIN Empfindlichkeits Verstellung)
  • Meßbereich: Von Lichtwert -1 (Blende 1,4 bei 4s) bis 20 (Blende 22 bei 1/2000s) bei 21 Din (100 ISO) mit Objektiv f1:1,4 50mm
  • Filmempfindlichkeitseinstellung: Bn 15-36DIN (25-3200 ISO)
  • Filmtransport: Über Schnellschalthebel, motorischer Fomtransport duch REVUEmotor 3.
  • Mehrfachbelichtung: Eingebauter Schieber zur Entriegelung von Filmtransport und Bildzählwerk. Automatische Rückstellung des Schalters in seine Ausgangsposition nach loslassen. Beliebige Anzahl von Mehrfachbelichtungen möglich.
  • Bildzählwerk: Zeigt die Zahl der belichteten Bilder an. Kehrt beim Öffnen der Kamerarückwand automatisch in die Ausgangsstellung zurück. Bei Mehrfachbelichtungen kein Weitertransport des Bildzählwerks.
  • Blitzsynchronisation: X-Mittenkontakt (1/60s), Kabelkontakt für X. Zubehörschuh mit Zusatzkontakt für automatische Zeitumschaltung (bei Verwendung von geeigneten Revue-Blitzgeräten).
  • Stromquelle: Drei Silberoxid-Batterieen 1,5V ( 3 Stk. V13GA/LR44)
  • Batterieprüfung: automatisch beim Antippen des Auslösers über Leuchtanzeige im Sucher.
  • Gehäuse: Schwarz
  • Zubehör: REVUEmotor3, REVUE-Objektive mit Mehrfachvergütung, Winkelsucher, Blitzgeräte etc.
  • Gehäuseabmessungen: 140 x 87,5 x 55,5 mm (B x H x T)
  • Gewicht: 510g (ohne Objektiv)

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